Jahrzehnte lang gehörten Freihandel und das Recht auf Migration zu den Glaubensbekenntnissen der westlichen Gesellschaften, oder sagen wir besser, der ELITEN der westlichen Gesellschaften. Produzenten konkurrenzfähiger Produkte waren seit jeher bestrebt, die Möglichkeit zu haben, ihre Waren in möglichst allen Ländern ungehindert anbieten und verkaufen zu können. Das führte dann bei stets steigenden Produktionszahlen in der konkurrenzfähigsten Ländern dort auch zu erhöhter Nachfrage nach Arbeitskräften für eine wachsende Produktion. Im Deutschland des sogenannten Wirtschaftswunders der 50er und 60er Jahre warb man zum Beispiel aus dem Ausland zunehmend Arbeitskräfte für die auf den Weltmärkten zunehmend nachgefragte Produktion deutscher Autos an. So gelangten die ersten Gastarbeiter aus der Türkei, Italien und Portugal etc. an die Fließbänder in Deutschland ansässiger Autohersteller.
Des gleichen Freihandelsmodells bedient sich nach 100 Jahren Isolierung von der Außenwelt – sozusagen als «Neu-Einsteiger» – seit ca. 40 Jahren auch die Volksrepublik China mit ihrer im Vergleich zum inzwischen wiedervereinigten Deutschland 15 Mal größeren Bevölkerung. Die Wirkung dieses neuen, zunehmend erfolgreichen Teilnehmers am freien Welthandel mit seinen Meistbegünstigungsklauseln ist entsprechend auch um ein Vielfaches größer als in der Nachkriegszeit Japan und Deutschland die Rolle des Export-Aufsteigers für sich beanspruchten.
Waren es bis vor etwa dreißig Jahren noch USA, Japan und Deutschland, die als starke Wirtschaftsmächte noch den größten Nutzen aus dem Konzept des globalen Freihandels zogen ist es seit zwei Jahrzehnten vorwiegend China mit seinen fleißigen, «hungrigen» und gut ausgebildeten Menschen(massen). Seither sehen sich die Haupt-Nutznießer des Freihandels, das sind ausschließlich die international agierenden Kapitalanleger, verstärkt Kritik vonseiten der nationalen Arbeitnehmer und nationalen Politiker ausgesetzt. Der wohl bekannteste Kritiker des für die Arbeitsplätze und Handelsbilanz seines Landes seit Jahrzehnten ruinösen Freihandels ist der ehemalige Präsident der USA, Donald Trump, der sich als lautstarker Verteidiger der Interessen amerikanischer Wählermassen profiliert hat und erneut gute Chancen hat, eine Mehrheit der US-Wähler von seinem «patriotischen Konzept» überzeugen zu können.
In der Theorie hört sich das Freihandelskonzept rundum gut an: Kapital wird denjenigen bzw. den Ländern zur Verfügung gestellt, wo es am wirtschaftlichsten verwandt werden kann. Das sind zum Beispiel die Länder mit den «preiswertesten» Arbeitern. Das war vorwiegend in Asien mit seinen Niedriglohn-Menschenmassen der Fall. Dort arbeiten zum Beispiel Menschen für weniger als zwei Dollar die Stunde, während die Kapitalanleger in ihren Heimatländern inklusive Krankenkassen- und sonstiger Sozialausgaben meistens mit mindestens sechsfach höheren Löhnen kalkulieren müssen. Dort beengte massenhaft ärmliche Lebensverhältnisse, eher schlechte Luft und verschmutzte Flüsse, hier eine sozial abgesicherte Arbeitnehmerschaft, relativ saubere Luft und Flüsse mit einem seit Jahrzehnten gewohnten relativ hohen Lebensstandard/Lebensqualität.
So kommt es dann auch, dass ein Volkswagen nicht mehr aus Wolfsburg angeliefert wird sondern aus China, Spanien oder Tschechien importiert wird. Mein kürzlich gekaufter LPG-betriebener Dacia Sandero, ein Auto des französischen Renault-Konzerns, kommt noch nicht einmal mehr aus dem von mir als Produktionsort bekannten EU-Neuland Rumänien sondern aus Marokko, einem nordafrikanischen Berber-Land mit langjährigen Verbindungen zur ehemaligen Kolonialmacht Frankreich. Entsprechend wandern zusammen mit dem Kapital der Elite-Anleger aus den bekannten Industrieländern auch deren Arbeitsplätze in die Billiglohnländer ab. Damit haben die Kapitalanleger dann auch einen recht zugkräftigen «Trumpf» bei Lohnverhandlungen in der Hand: Sobald die Gewerkschaften für ihre Mitglieder aus Sicht der Anleger zu hohe Lohnsteigerungen fordern kommen die Kapitalvertreter mit dem Argument, dass dann der Produktionsstandort nicht mehr zu halten sei und eine Werksschließung vor Ort drohe. Jetzt haben aber die Mitarbeiter für ihre Familien laufende Lebenshaltungskosten, ggfs. auch hohe Zins- und Tilgungskosten für ihr Eigenheim auf sich genommen und sind gezwungen, zumindest den Inflationsausgleich in Form von Lohnerhöhungen durchzusetzen, wenn sie nicht ihren Lebensstandard Stück für Stück einbüßen wollen. Dieses Dilemma ist in den letzten Jahren stets mit stark umkämpften Lohnverhandlungen, Werksschließungen und erhöhter Arbeitslosigkeit in den klassischen Industrieländern verbunden gewesen.
In letzter Konsequenz stehen die Wähler in diesen Ländern, zu denen insbesondere auch Deutschland mit seiner hohen Exportlastigkeit seit Jahrzehnten gehört, vor folgenden Fragen:
- Arbeitsplätze erhalten und geringere Reallöhne und geringeren Lebensstandard akzeptieren oder
- Importzölle für Waren aus Billiglohnländern erhöhen und damit Abschied vom Konzept des konsequenten Freihandels nehmen. Statt vorwiegend Kapitalinteressen zu berücksichtigen sollten die Interessen der Arbeitnehmer und Selbständigen in einem sich demokratischen verstehenden Gemeinwesens gefördert werden. Diesen Bevölkerungskreisen verdankt nämlich Deutschland seine traditionellen Erfolge. und nachweislich NICHT globalen Kapital-Eliteanlegern.
- Keine Importzölle erheben aber auch bei höheren Lohnforderungen «nicht klein beigeben»
Variante 1 führt zu dem, was in den letzten Jahrzehnten in Deutschland geschehen ist: Während die Renditen der Kapitalanleger permanent stiegen sind die Reallöhne seit Jahren gesunken, was wiederum zu einer Vergrößerung des Vermögensunterschieds zwischen der Rentiers-Oberschicht und der von Ihrem Arbeitseinsatz lebenden Mittel- und Arbeiterschicht in Deutschland geführt hat.
Variante 2 wurde bisher als Exportland von den regierenden Politikern von Rot bis Schwarz stets verworfen. Lediglich in USA wurde diese Politik der Abschottung gegenüber der asiatischen Konkurrenz in praktische Politik (man nennt dies dort «China-bashing») umgesetzt. Zur Erhaltung nationaler Arbeitsplätze, sozialen Friedens und des gewohnten Lebensstandards sollte jedoch auch in Deutschland Variante 2 intensiver diskutiert werden. Soziale Marktwirtschaft sollte nämlich nicht nur Dienerin des Kapitals sein – dann wäre sie nämlich nicht mehr «sozial» sondern «Kapitalismus pur» – sondern in erster Linie den Interessen der in ihrem Land beheimateten Bürger dienen. Zu denen gehören übrigens Migranten nur dann, wenn sie bereits die deutsche Staatsangehörigkeit erlangt haben. An die wiederum sollten klare Aufnahmekriterien wie vorhandener steuerpflichtiger Arbeitsplatz, deutsche Sprachkenntnisse und Integrationsfähigkeit/Integrationsbereitschaft geknüpft sein.
Variante 3 würde aller Wahrscheinlichkeit nach zu «unbegrenzter Abwanderung von Kapital und Arbeitsplätzen» aus Deutschland führen, eine Perspektive, die ‘wirtschaftlich selbstmörderisch’ wäre. Jedem informierten und verantwortlichen Bürger und Arbeitnehmer steht dieses ruinöse Szenario mehr oder weniger deutlich vor Augen. Deswegen spricht sich auch kaum Jemand für Variante 3 aus.
F A Z I T: Die Globalisierung muss neu diskutiert und nationale Interessen müssen neu definiert und durchgesetzt werden, sonst wandern nicht nur weiterhin Arbeitsplätze AB, Billiglohn-Migranten EIN und der soziale Frieden AUS.
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