
Zivilisation ist ein recht «großes Thema». Zuerst einmal muss definiert werden, was mit dem Begriff «Zivilisation» gemeint ist. Heutzutage ist es üblich geworden, Definitionen bei Wikipedia, dem Internet-Lexikon, abzufragen. Das ist zugegeben eine von verschiedenen Möglichkeiten, doch bevor wir uns bei Wikipedia bedienen sei angemerkt, dass dies eben nur eine Definition ist, die von früheren Definitionen abweicht und wahrscheinlich einem aktuellen Trend folgt, der durchaus auch oberflächlich, da dem Zeitgeist entsprechend verfälscht sein kann. Wikipedia veröffentlicht über «Zivilisation» folgende Definition:
Der Begriff Zivilisation ist von dem im Deutschen seit dem 17. Jahrhundert belegten Adjektiv zivil (‚bürgerlich‘) abgeleitet. Im 18. Jahrhundert benutzte man im Französischen die Idee der Zivilisation als Gegensatz zum Begriff „Barbarei“. So konnten nichteuropäische Gesellschaften als unzivilisiert charakterisiert werden. In den romanischen und angelsächsischen Sprachen ist civilisation bzw. civilization synonym zu culture bzw. cultura, nur das Deutsche unterscheidet „Kultur“ und „Zivilisation“. Die Geschichtswissenschaft versteht unter Kulturen großräumige und langlebige Gebilde, die eine große Prägekraft entwickeln, obwohl sie häufig eine Vielzahl von Erscheinungsformen und Entwicklungsstufen aufweisen. Die heutige Definition von Zivilisation in der internationalen Politik versteht diese bildlich vorgestellt als „Kulturdach“ für mehrere ähnlich gelagerte Kulturen, die geographisch nicht aneinander gebunden sein müssen. Staaten einer Zivilisation teilen eine Weltanschauung. Kultur wird in diesem Zusammenhang definiert als lokal begrenzte, Sinn stiftende Produktion von gemeinsamen Werten und Normen. Im Anschluss an den Sozialwissenschaftler Norbert Elias und dessen Theorie Über den Prozeß der Zivilisation wird der Begriff auch im Sinne von „Zivilisierung“ verwendet.
Mir ist diese Beschreibung zu abstrakt, zu wenig nachvollziehbar für diejenigen Menschen, die in ihrer Gesamtheit, Gebildete, wie Ungebildete, von diesem Zivilisierungs-Prozess «erfasst» bzw. «geprägt» sein sollten, damit man allgemein von einer Zivilisation sprechen kann. Ich versuche eine Definition von Zivilisation einmal anders, und zwar indem ich die Verhaltensweisen aufliste, die aus meiner Sicht Bestandteile einer Zivilisation sind. Dazu gehören:
- Gewaltlosigkeit
- Empathie gegenüber den Mitmenschen
- Respekt vor Moral und Gesetz
- Selbstverantwortliches Leben
Betrachten wir nun die «Keimzelle der Menschheit», die Familie und nehmen diese Familie gleichzeitig als Keimzelle der Zivilisation. Wenn sich Liebende eine Familie gründen indem sie ein Kind zeugen, so kann man recht gut beschreiben, was spätestens ab diesem Zeitpunkt für eine gedeihlich und erfolgreiche Entwicklung dieser Familie notwendig ist: Zuerst einmal ist es die Liebe zwischen Mann und Frau, dann die Liebe beider Eltern zu ihrem Kind. Liebe ist per se gewaltlos (Punkt 1) und ist von Empathie (Punkt 2) untereinander geprägt, sonst könnte man nicht von «Familie» im positiven Sinne und auch nicht von einer «zivilisierten Atmosphäre» innerhalb dieser Familie sprechen. Verbunden mit der Empathie untereinander ist selbstverständlich auch die Verantwortung gegenüber einander. Verantwortung des Mannes gegenüber seiner Frau, Verantwortung der Mutter gegenüber dem Kind und auch der Frau gegenüber ihrem Mann.
De-zivilisierend kann es sich auswirken, wenn z.B. der Mann keinen Beitrag zur Ernährung des Kindes und der Mutter, die ja in der ersten Zeit nach der Geburt idealerweise sowohl ihr Kind stillt als es auch insgesamt umsorgt, leistet. De-zivilisierend wirkt auch, wenn z.B. die Mutter der bereits erwähnten Liebe und Fürsorge für ihr Kind nicht nachkommt, indem sie zum Beispiel während der Stillphase raucht oder sonstige Drogen, bzw. zu viel Alkohol zu sich nimmt, was nachweislich schädlich für die Entwicklung ihres Kindes wäre.
Ein liebevoller Umgang zwischen Vater und Mutter sind zudem Grundlage für ein Heranwachsen des Kindes zu einem harmonischen, ausgeglichenen und verantwortlichen Jugendlichen und später selbst eines Vaters oder einer Mutter, die oder der das an die nächste Generation weitergeben kann, was sie oder er von seinen Eltern erfahren hat. Aggression, Trunk- oder Spielsucht, Drogen, Verwahrlosung oder Egoismus ohne Rücksicht auf die Familie gehören nicht zu dem, was man mit dem Begriff Zivilisation bezeichnen kann. Aber all’ das nehmen wir heutzutage in unseren Straßen und in dem was man gewöhnlich «Zuhause» nennt zunehmend wahr. Es ist ein De-Zivilisierungsprozess im Gange. Doch bevor wir den feststellbaren Verfall unserer Zivilisation behandeln, wollen wir uns zuerst ihrer Entstehung widmen.
Wie entstand unsere Zivilisation – in Europa?
Wenn man über Europas Zivilisation liest, findet man in der Regel die Worte «Abendland» und «Christentum». Das Christentum begann mit der Geburt Christus im Jahre 0, d.h. vor inzwischen 2025 Jahren. Dass dieses Jahr die «Geburtsstunde unserer Zivilisation» sein soll, ist natürlich schon allein deswegen nicht zu 100% korrekt, da schon zuvor in Griechenland mit Platon und Aristoteles zum Beispiel gelehrte und zivilisierte Menschen schon über das gute Zusammenleben der Menschen nachdachten und lehrten. Auch Römer, Perser, Chinesen haben schon zuvor in ihrer jeweiligen Heimat über ein friedliches, wohlhabendes und entsprechend zivilisiertes Leben nachgedacht und auch in Regeln zusammengefasst, nach denen schon damals – vor mehr als 2025 Jahren – belohnt und bestraft wurde. Immer gab es aber auch die Anwendung von Gewalt gegenüber sogenannten «Wilden, Barbaren, Feinden», die die Herrscher der jeweiligen Regionen erobern bzw. sich zunutze machen wollten. Ebenso wie die Römer nannten auch die Chinesen andere Völker außerhalb ihrer Kulturzone «Barbaren» oder Kulturlose. Das Verständnis von «Zivilisation» war in der Regel nur auf die eigenen Leute, auf deren Steuern bzw. Unterstützung bezogen, auf der die jeweilige Herrschaft beruhte. Statt der eigenen Bevölkerung mehr abzuverlangen war das Erobern anderer Gesellschaften durchaus im Trend, solange das Risiko geringer schien als der kalkulierte Erfolg … und genügend Soldaten aus den «unteren Schichten» bzw. Sklaven und Heerführer aus den «oberen Schichten» für das «Todeshandwerk Krieg» auszuheben und nicht zuletzt finanzierbar waren.
Die 10 Gebote als die von den Christen verbreiteten Regeln für ein friedliches und erfolgreiches Leben untereinander finden sich mehr oder weniger in Europa noch bis Heute im gültigen «Römischen Recht» wieder. So ist es folglich auch kein Wunder, dass dieses «Römische Recht» zusammen mit Columbus, Cortés und sonstigen Eroberern den Weg nach Mittel- und Südamerika und mit den späteren Auswanderern fast aller westeuropäischer Nationen nach Nordamerika gefunden hat.
In Königsberg, damals Ostpreußen, wurde ein großer Denker namens Immanuel Kant im Jahre 1724 geboren. Er hat einen bedeutenden philosophischen Beitrag zur Neuinterpretation des christlich fundierten pädagogischen Regelwerks beigesteuert, der den Weg in königliche Kreise gefunden und mehrere Herrscher-Dynastien und ihre Politik zumindest im Inneren ihres Herrschaftsbereichs geprägt hat. Zweck des Ganzen: Zivilisation, Regelbewusstsein und Friedfertigkeit im Inneren und Stärke nach außen. Das von ihm entwickelte moralisch-philosophische Konzept ist noch Heute bekannt als «kategorischer Imperativ». Im Volksmund wurde dazu die saloppe Formulierung überliefert: «Was du nicht willst dass man dir tu, das füg’ auch keinem Andern zu.» In den zehn Geboten der Christenlehre heißt es zum gleichen Prinzip bereits Jahrhunderte früher: «Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.»
Im Zeitalter der sogenannten «Aufklärung» nahm die Rolle der Klöster und Kirchen bei der Bildung ab und staatliche Institutionen traten an ihre Stelle. War die christliche Bildung in erster Linie an der Vermittlung von Moral und Sitte ausgerichtet so waren die Königshäuser weniger an christlichem Dogma, sondern mehr an geistiger Erkenntnis orientiert. Parallel zum entstehenden Protestantismus entwickelten sich Staatskirchen, bei denen die Vermittlung von Sitte und Anstand Teil der monarchischen Staatsdoktrin und des Gehorsams der Staatsbürger wurde. Die Erkenntnis über die Gesetze der Natur und des menschlichen Zusammenlebens nahmen im Zeitalter der Aufklärung zu und das Befolgen rein moralorientierter christlicher Regeln wie die 10 Gebote nahm zur gleichen Zeit ab. Die in heutigen Zeiten noch verstärkt auftretenden Kirchenaustritte intensivieren diese Tendenz hin zu moralischer Indifferenz. «Gut ist das, was dem Einzelnen nützt» (Philosophen nennen diese Denkweise ‘Utilitarismus’) wurde seit der Aufklärung in der Erziehung mehr vermittelt als die von den Kirchen zuvor noch verbreiteten 10 Gebote als Moral- und Sittenlehre.
Es gehörte seit der Zeit der «Aufklärung» zum Unterhaltungs- und Zivilisationsprogramm am Hofe, Wissenschaftler, Musiker und Poeten zur «Verfeinerung der Sitten» auftreten und diese Kultur danach auf das gesamte Volk ausstrahlen zu lassen. So entstand schon damals ein Schulwesen, Literatur-Lesungen, häusliches Musizieren, das zuerst in bürgerlichen Kreisen Nachahmung fand. Die späteren Arbeiterbildungsvereine kamen dann noch in der Zeit der konstitutionellen Monarchien hinzu, d.h. in Zeiten als die Könige sich mit ihren Adligen und später auch Bauern- und Arbeiterschichten – je nachdem inwieweit sich diese Schichten beim König Gehör zu verschaffen wussten – in ihrer Politik abstimmen mussten.
Wahrscheinlich hat der heutzutage noch berühmte ostpreußische Philosoph Immanuel Kant aus Königsberg (Heute Kaliningrad/Russland) recht viele geistige Anregungen aus den Werken des 50 Jahre vor ihm geborenen Christian Wolff (1679 – 1754) bezogen. Christian Wolff verstand die Ehe zwar ebenfalls als wichtige Institution des menschlichen Zusammenlebens, leitete aber ihre Notwendigkeit nicht aus der Bibel ab, nicht aus dem göttlichen Mysterium, sondern aus den natürlichen Kräften. In seiner Schrift mit dem Titel «Vernünftige Gedanken von dem gesellschaftlichen Leben der Menschen und in Sonderheit dem gemeinsamen Wesen zur Beförderung der Glückseligkeit» schreibt Wolff:
«Unter die einfachen Gesellschaften gehöret demnach der Ehestand, welche Mann und Weib mit einander aufrichten, um Kinder zu erzeugen und zu erziehen. Der Mann wird in Ansehung dieser Gesellschaft der Eheherr; das Weib aber die Ehefrau genennet … … Da die Kinder sich nicht selbst auferziehen können, so sind die Eltern sie aufzuerziehen verbunden, indem sonst niemand ist, dem man mit Grunde die Auferziehung der Kinder zumuten könnte.»
Mit ihren Forderungen verbanden Aufklärer wie Christian Wolff durchaus noch den Pietismus der Religionsgemeinschaften und ihrer «Nächstenliebe» als Hauptprinzip mit der «Verpflichtung des Einzelnen gegenüber der Gemeinschaft». Damit gaben sie dem inneren Kampf des Individuums zwischen Gut und Böse eine ethisch-philosophische Orientierung mit dem Ziel der Zivilisierung des Individuums und seines Zusammenlebens in der Gemeinschaft.
Wozu im frühen Mittelalter nur Königshäuser oder Klöster in der Lage waren wurde später – durch die Erfindung der Buchdruckkunst durch Johannes Gutenberg im Jahre 1450 verstärkt – auf alle Schichten ausgedehnt. Auf diese Weise erreichte Europa schon vor etwa 200 Jahren eine recht hohe Alphabetisierungs- und gesteigerte berufliche Ausbildungsquoten. Im Zeitalter der Industrialisierung war es schon allein aus Konkurrenzgründen auf dem Weltmarkt für Unternehmen wichtig, über eine zum Teil recht gut ausgebildete leitende und verantwortliche Mitarbeiterschaft zu verfügen. Bismarcks großes Anliegen war es zum Beispiel, sozialistischen Bestrebungen ‘den Wind aus den Segeln zu nehmen’, indem er für ein gutes Schulwesen und zudem eine bessere soziale Absicherung der Arbeitnehmer sorgte.
Kombiniert mit einer höheren Bildung für Alle waren konsequenterweise auch der Wunsch der ärmeren Menschen nach Gerechtigkeit, Gerechtigkeit vor Gericht und sozialer Gerechtigkeit im Arbeitsleben. Das Wort vom «gerechten Lohn für pflichtgemäße Arbeit» kam auf und die jeweiligen Regierenden mussten auf die Wünsche bzw. Forderungen aus dem Volk eine Antwort finden. In der Folge entstand eine Gesetzgebung, die die täglich zu leistende Arbeitsstundenzahl begrenzte, Kinderarbeit einschränkte, Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz der Arbeiter regelte, Arbeitslosengeld, Altersruhegeld, Krankenversicherung einführte und mit derartigen Regelungen die Macht der Arbeitgeber, die Macht des Kapitals gegenüber der Arbeit begrenzte und derart das Arbeitsleben humaner, zivilisierter gestaltete.
Der anfänglich sich noch als Obrigkeitsstaat verstehende monarchisch geprägte Staat wurde zunehmend zum Rechtsstaat, der seinen Bürgern vermittelte, dass «Alle vor dem Gesetz gleich seien», ob Adliger, Beamter, Unternehmer oder Arbeiter bis hin zum temporär Arbeitslosen. Alle die zu einer begrenzten Region, zu einem begrenzten Staatsgebiet gehörten hatten die gleichen Rechte aber auch die gleichen Pflichten. Mit dem Rechtsstaat glaubte man die höchste Stufe der politischen Zivilisation erreicht zu haben, wenn da nicht dennoch gut erkennbare materielle und geistige Unterschiede verblieben wären, die nach wie vor die Gesellschaft in verschiedene «Sozialschichten» aufteilten.
Da in Deutschland wie auch in den meisten anderen Ländern zunehmend demokratische Wahlen stattfanden hatte jeder Wahlberechtigte die Chance, eine Partei gemäß seiner spezifischen Interessen für eine Regierungsbildung auszuwählen. Da sich die Mehrheiten in der Regel weiterhin in den jeweils ärmeren Schichten befanden, tendierten die ärmeren Wähler zu den Parteien, die ihnen die meisten Wohltaten versprachen. So manches Mal führte dies zu einer Überforderung der Staatsfinanzen oder der Leistungsfähigkeit der Unternehmen. Doch sei erwähnt, dass höhere Löhne/Gehälter durchaus notwendig waren, um die im Lauf der Industrialisierung vermehrt produzierten Waren auch verkaufen zu können. In gewisser Weise hat eine materiell wohlhabendere Gesellschaft auch die bessere Grundlage für die Finanzierung von Bildung und Kultur, für die Finanzierung eines Zivilisationsprozesses. Dennoch ist höherer materieller Wohlstand keineswegs «quasi automatisch» mit einer höheren Zivilisationsstufe verbunden. Es kann sogar das Gegenteil eintreten. Doch dazu später.
Der republikanisch-demokratisch legitimierte Staat hat unwidersprochen großes in der Volksbildung geleistet.
1763 wird die allgemeine Schulpflicht in Preußen eingeführt.

Seit der Einführung der allgemeinen Schulpflicht nahm die Alphabetisierungsrate der Bevölkerung insgesamt zu. Gingen im Jahre 1890 lediglich 7 % der Dreizehnjährigen auf eine höhere Schule so waren es 1960 bereits 16 % und 1995 50 %, wobei Kritiker anmerkten, man habe, um dies 1995 zu erreichen die Anforderungen zum Erreichen des höheren Schulniveaus verringert. Höhere Schul- und höhere berufliche Ausbildung breiter Kreise der deutschen Bevölkerung schuf erkennbar höhere Zufriedenheit in eben diesen Bevölkerungskreisen. Insbesondere machte sich dies im Auswanderungsverhalten bemerkbar. Der Politikwissenschaftler Christian Graf von Krockow schreibt in seinem Buch «Kaiser Wilhelm II. und seine Zeit» dazu: «Betrachtet man die Auswanderungswellen genauer, so erkennt man eine bemerkenswerte Entwicklung. Noch in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts erreichten die Zahlen einen Höhepunkt. Aber in der wilhelminischen Zeit gingen sie stetig zurück. Während es 1882 über 200.000 Emigranten gegeben hatte, dann waren es 1895 nur noch 37498, und seit 1908 pendelte sich die Zahl, fast schon bedeutungslos, um die 20.000 pro Jahr ein. Noch erstaunlicher wirkt der Vergleich: Im Jahr 1912 verzeichnete das Reich 18545 Auswanderer, Großbritannien mit Irland fast eine halbe Million, Italien mehr als 700.000 . Aus dem russischen Polen wurden in deutschen Häfen 127.747 Personen registriert. Das heißt mit anderen Worten: Es gab zwar keineswegs überall in Europa Arbeit und Brot für alle, aber endlich in Deutschland – und Zuversicht im Blick auf die Zukunft; der wirtschaftliche Fortschritt hatte das Bevölkerungswachstum eingeholt.»

Am 20. Januar 1914 legte der Staatssekretär des Innern und Vizekanzler Clemens Delbrück im Reichstag eine stolze Erfolgsbilanz vor und nannte viele Zahlen. Unter anderem sagte er: «Ein Vergleich mit Frankreich, Großbritannien und den Vereinigten Staaten von Amerika zeigt, dass Deutschland in seinem Gesamthandel noch im Jahre 1891 mit Frankreich und den Vereinigten Staaten von Nordamerika auf einer Stufe gestanden hat, britischerseits um rund 75 Prozent übertroffen wurde. Heute hat Deutschland die beiden zuerst genannten Länder weit überflügelt und ist dem britischen Gesamthandel nahegerückt … Der britische Gesamthandel übertrifft hiernach den französischen um 92 Prozent, den amerikanischen um 44 Prozent und den deutschen nur noch um 16 Prozent.»

Festzuhalten bleibt, dass Bildung und berufliche Ausbildung insbesondere im Zeitalter des Imperialismus & «Konkurrenzkampf um Weltgeltung» als Grundlage des wirtschaftlich-kulturellen Erfolgs einer Nation angesehen wurde. Doch auch Ent-Zivilisierungs-Gefahren ‘lagen schon damals in der Luft’.

Der Sozialwissenschaftler Norbert Elias beschrieb in seinem Werk «Der Prozess der Zivilisation» angesichts der Erfahrung mit dem Nationalsozialismus unter Hitlers Führung, dass eine eigentlich bereits hochzivilisierte Nation wie die deutsche durchaus zurück in barbarische Zustände fallen kann. Auf Stalin’sche Verhältnisse in Russland und aus meiner Sicht auch auf die Abwürfe zweier Atombomben auf reine Siedlungsgebiete in Japan, was gemäß der zuvor bereits existierenden Haager Kriegskonvention ebenfalls als Kriegsverbrechen hätte verurteilt werden müssen, hätte zum von Elias erwähnten Rückfall in die Barbarei ebenfalls gepasst. Danach wurden noch große Teile Vietnams vonseiten des US-Militärs mit Napalm-Bomben verwüstet. Auch das verdient als Rückfall in die Barbarei bezeichnet zu werden, der jedoch bisher nicht als solcher geahndet wurde, solange eine mächtige Nation, die zudem noch über ein Vetorecht im Internationalen Sicherheitsrat verfügt, dieses mörderische Verbrechen an der Menschheit begeht.
Einher mit der Steigerung der Alphabetisierung im Volk, der besseren Bildung und Ausbildung breiterer Schichten als generelles Ergebnis der «AUFKLÄRUNG» ging eine Entwertung christlicher Welterklärung, Entwertung christlicher Dogmen, Entwertung mystisch-moralischer Maßstäbe bei der Erziehung der nachwachsenden Generationen. Wenn auch die Aufklärung Nichts mehr mit «Glauben» zu tun haben wollte, war sie dennoch ein «Glaube», und zwar der Glaube an die quasi unbegrenzte Erkenntnisfähigkeit des Menschen, an die Machbarkeit fast allem durch den Menschen. Glaubte man früher den ortsansässigen Priestern in ihren sonntäglichen Predigten, so glaubt man heute den Aussagen von Wissenschaftlern … und weiss spätesten «seit Corona», dass beide ‘Autoritäts-Gruppierungen’ nicht nur zur Wahrheitsfindung beigetragen haben, sondern vorwiegend «ihre gut honorierte Propaganda unters Volk gebracht haben». Was heute der ‘Glaube an den Klimawandel’ ist, war vor gut 500 Jahren der Glaube an den «Ablasshandel zur Vermeidung des Fegefeuers». Beide sind im Grunde genommen nicht belegbar gewesen, waren/sind aber höchst lukrativ. Damals konnte der Bau des Petersdoms mit den eingenommen Geldern finanziert werden, dienen diese Heute allen Indizien nach der Finanzierung des Versuchs, eine (privatisierte) Weltherrschaft mit einem «ewigen Frieden» zu errichten, den schon Kant in Königsberg im 18. Jahrhundert vor Augen hatte.
Leider kann man als Beobachter heutiger Lebensumstände feststellen, dass so manches Zivilisationsniveau heutzutage geringer ist als noch vor 100 Jahren – zumindest was die Bekleidung der «Bürger» betrifft. Ging man von 100 Jahren als Bürger mit Anzug und zum Teil Zylinder, ist es heute meistens schon eine Jeans, gedacht als strapazierfähige Arbeitshose aus dem Haus oder ins Büro. Etikette & Eleganz waren gestern, leger & cool geht’s heute zu. Ältere Inhaber von Modegeschäften werden dies bestätigen.
Auch der Sprachgebrauch lässt Jahr für Jahr in seiner Differenziertheit nach. Eine vor gut 30 Jahren bereits durchgeführte Umfrage über die Vielfalt der verwendeten Worte beim durchschnittlichen Sprachgebrauch ermittelte die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) damals als Gewinner. Man fand heraus, dass die NZZ mit durchschnittlicher Nutzung von 11% aller existierenden deutschen Worte bei allen deutschsprachigen Zeitungen an der Spitze lag. Ein Blick in Prosa und Gedichte aus dem 18. Jahrhundert und danach die Lektüre der Bild-Zeitung und so manch anderer Zeitung belegt dies für heute noch deutlicher.
Die Zeit nach dem 2. Weltkrieg wird gemeinhin als Zeit des Liberalismus, der Freiheit verstanden. Doch was bedeutet letztlich «Freiheit»? Freiheit wozu, oder Freiheit wovon? Noch Frau Dr. Merkel benutzt für den Titel ihres «Abschieds-Buchs von der Macht» als Titel den Begriff «Freiheit». Folgende «Befreiungen» haben seit 1945 stattgefunden:
- Befreiung vom Nationalsozialismus im Bereich der Politik
- Befreiung von traditionellen Moral- und sonstigen Wert- und Autoritätsvorstellungen in der Erziehung
- Befreiung von Qualifikationsanforderungen im Handwerksbereich
- Befreiung von als zu eng empfundenen Monopolkontrollen in der Wirtschaft
- Befreiung von Grenzen innerhalb Europas in Politik und Wirtschaft
- Befreiung von staatlich kontrollierten Einrichtungen der Daseinsvorsorge im Kommunikations-, Energie-, Verkehrs- und Gesundheitssektor – «Privatisierung/Entbürokratisierung» genannt.
Alle oben genannten 6 «Befreiungen» haben zu unserer heutigen Situation geführt. Wer die ersten Jahre nach dem 2. Weltkrieg selbst nicht miterlebt hat, wird den Unterschied zu damals und heute nicht kennen, es sei denn er ist «in der Geschichte bewandert» oder hat – was heutzutage selten ist – die Ohren gespitzt, wenn Opa oder Oma «von früher erzählt haben». Festzustellen ist, das der Abschied vom 15 Jahre lang waltenden autoritären Nationalsozialismus mehr Meinungs- und Bewegungsfreiheit, sowohl politisch als auch wirtschaftlich gebracht hat. Die Befreiung von den tradierten Moral- und Wertvorstellungen hat jedoch zu ambivalenten Ergebnissen geführt. Auf der einen Seite war ein unverkrampfterer Umgang der Geschlechter miteinander ein positives Ergebnis. Auf der anderen Seite wurden durchaus für einen zivilisierten Umgang miteinander wichtige Verhaltensregeln gleich mit «über Bord geworfen», wie zum Beispiel der kultivierte und respektvolle Umgang mit Sexualität und der Respekt vor den Älteren, Erfahreneren. Da sich moralische bzw. ethische Maßstäbe nicht so ohne weiteres von selbst entwickeln sondern über Erziehung durch Eltern oder Lehrer vermittelt werden, geht ein Stück «gute Erziehung» bzw. Zivilisiertheit dann verloren, wenn es keine Autoritäten mehr gibt, die sich trauen, sie zu vermitteln. Und genau das ist geschehen. Wie sonst ist es vorstellbar, dass Häuser mit dicken Farben angepinselt, kaputtgerissene Hosen als schick angesehen werden, Schlips und Kragen noch nicht einmal mehr in der Berufswelt überall als Standard angesehen werden, sich gut zu kleiden als «spießig» gilt, Kinder zu bekommen den Freiraum für die persönliche Entwicklung beschränken, «geiz geil ist» und nicht «unanständig», ältere Menschen werden statt geachtet eher missachtet, vom «Platz in der Bahn anbieten» ganz zu schweigen.
Im Wirtschaftsbereich hat sich die Freiheit vorwiegend für «die Stärkeren» positiv ausgewirkt. Während ein Tante Emma Laden nach dem anderen für immer die Ladentür geschlossen hat und Handwerksbetriebe in erster Linie als Subunternehmer der Konzerne ihre Existenz fristen, haben sich Ketten gebildet, die nach und nach alle Kleinen vom Markt verdrängen und Großeinheiten bilden, die zudem oft ihre Hauptsitze ins Ausland verlegen, dorthin wo sie so gut wie keine Gewerbesteuern mehr zu zahlen haben. Parallel dazu werden billige Lohnarbeiter aus dem ferneren, unterentwickelteren Ausland angeworben, mit denen man seine Lohnkosten spürbar senken kann. Ein Hochlohnland mit recht hohen sozialen Standards gerät auf diese Weise stark unter Existenzdruck. Die Multinationalen Konzerne zahlen ihre Steuern woanders, die Kassen der Städte, Bundesländer und des Bundes werden leerer und müssen sich zulasten künftiger Generationen verschulden. Die Löhne wachsen kaum noch, weil «Neubürger für weniger arbeiten»; die Arbeitsplätze wandern ab, weil man woanders preiswerter produzieren kann etc. etc.
Das Ergebnis ist statt höherem Wohlstand sinkender Wohlstand. SO wurde den Bürgern das in den «alle 4 Jahre wieder» stattfindenden Wahlkämpfen nicht versprochen, oder? Statt Wohlstand gibt es inzwischen die Option eines «leistungslosen Einkommens», Bürgergeld genannt.

Wie es auf Dauer möglich sein soll, nicht Arbeitende von immer weniger Arbeitenden durchzufüttern, wird jedem, der noch Kopfrechnen gelernt hat, ein Rätsel bleiben. Aber Politiker haben dieses Bürgergeld eingeführt und scheinen mit seiner auf Dauer nicht vorhandenen Finanzierbarkeit kein Problem zu haben. Gewählt ist gewählt – «nach uns die Sintflut»? Das Verhältnis zum Eigentum scheint für manche Bevölkerungsgruppen ebenfalls zumindest unklar geworden zu sein. So wurden unbewohnte Häuser von sogenannten Hausbesetzern eingenommen – wie zu Raubritter-Zeiten. Das Leben in diesen Häusern glich dann auch eher der Situation von Abdachlosen als der zivilisierter Menschen. Während das Verständnis für sozialen Niedergang modern wurde galt das Streben nach Aufstieg als spießig. Empfängnisverhütung wurde ebenfalls so «modern» wie Abtreibung. Die Familie stand der Emanzipation der Frau und ihrer Selbstverwirklichung im Wege … und war aus diesen Gründen als Lebensziel mit Kindern weniger attraktiv – und das bis heute.

Als Ausgleich für eine kleiner werdende Bevölkerung wurde seither das Migranten-ins-Land-Holen betrieben. Seit etwa 2010-2015 kam dann noch das Refugee-Welcome-Programm für Asylsuchende der Kanzlerin Merkel hinzu, welches ihre Ampel-Nachfolger ohne Rücksicht auf wachsendes Unbehagen in der Bevölkerung weiter fortführten. Logisch ist, dass sich eine Gesellschaft, eine Nation auf diese Weise selbst abschafft, wie der SPD-Politiker Thilo Sarrazin zum Unbehagen seiner SPD-Genossen in seinem Furore machenden Buch «Deutschland schafft sich ab» schrieb.
Je höher die innere Zivilisiertheit eines Menschen ist, umso weniger benötigt er Polizei oder Gerichte, um ihn zivilisiert ‘in der Spur zu halten’. Waren Polizisten in Uniform in den Jahren nach dem 2. Weltkrieg für so gut wie alle Bürger in Deutschland ihr «Freund und Helfer», so wurden sie im Zuge der Studentenproteste in den 1960er Jahren zu «Bullen», für linke APO-Leute gar «Feinde» oder «Ordnungskräfte des Klassenfeindes».

Mit den Studentenprotesten, der Entwicklung der Rockmusik, von Flower-Power, Hippies, dem zunehmenden Drogenkonsum und der sexuellen «Befreiung» begann dieser Ent-Zivilierungsprozess, gemeinhin allerdings «Befreiungsprozess» genannt, der schließlich in «Cristopher Street Days» und der LGBTQ-Bewegung mündete.

«Vielfalt» und das «Anderssein» wurden wichtiger als moralische Grundregeln oder Traditionen. Auch die Globalisierer stützen diese Bewegungen und machen sie sowohl populär als auch zu «Neuen Standards». Familie und die zur Erziehung der Nachwachsenden notwendigen Verhaltensregeln werden als überholt abgelehnt und «Vielfalt» und «Regelverletzung» oder auch «Alternativen zur klassischen Familie» werden «zum Prinzip erhoben».
Sexuelle Orientierungen, die früher noch als «pervers» galten und sogar strafrechtlich geahndet wurden (§ 175), sind heutzutage «normal und akzeptabel», während das zuvor «Normale, Bürgerliche, Moralische, Gut-Erzogene» als spießig bis als «rechtsradikal» diffamiert und von zahlreichen staatlich-finanzierten sogenannten Nicht-Regierungs-Organisationen (zu englisch: NGOs) im direkten Sinne des Wortes verfolgt wird. Kann eine derartige Entwicklung als «Neue Zivilisationsstufe» aufgefasst werden oder eher als «Verfall einer Zivilisation»?
Letztlich haben die diversen «Befreiungen» zur Erosion der Zivilisiertheit geführt. Autorität abgeschafft, innere Disziplin abgeschafft, Respekt vor den Eltern abgeschafft, Kirchen & christliche Maßstäbe abgeschafft/geschwächt, Respekt vor Polizei und Gerichten abgeschafft, Moral & Sittenregeln abgeschafft, Traditionen abgeschafft, Eigentum weniger wichtig, stattdessen gemeinsame Nutzung von …, Ehe & Familie durch freie Partnerschaften ersetzt.

Zivilisation basiert generell auf Ordnung und der Respektierung und Umsetzung ethischer Verhaltensregeln. Wo diese Ordnung & Regeln nicht mehr gelten zerfällt auch die Zivilisation wieder und gibt Anarchie oder Diktatur neuen Spielraum. Selbstverständlich ist dieser Zerfall NICHT in der gesamten Gesellschaft feststellbar. Die hier erwähnten Zivilisationsregeln werden durchaus noch von vielen Menschen, in vielen Familien gelebt und an die Nachwachsenden weitergegeben. Doch kann nicht geleugnet werden, dass sich ein zunehmender Teil der Bevölkerung (und das in den meisten sogenannten «westlichen Industrieländern») an den zuvor beschriebenen christlichen, philosophischen, moralischen, gesetzlich vorgegebenen Zivilisations-Spielregeln nicht mehr hält. Ebenso wie immer weniger arbeitende Bürger mit ihren Steuern zur Finanzierung der Infrastruktur in Deutschland beitragen, tragen auch immer weniger Bürger zum oben beschriebenen Zivilisationsniveau bei. Die Gefahr, dass diese ZIVILISATIONS-ABWÄRTS-SPIRALE weiter bedient, weiter gestützt wird, ist recht groß … aber nicht unabwendbar.
Während der römischen Herrschaft in Germanien fand eine bestens belegbare Zivilisierung in den römisch eroberten Gebieten statt, die allerdings nach dem Untergang des römischen Imperiums wieder graduell verfiel. Römisches Ingenieurwesen bei der Straßenerstellung, römischer Wasserleitungen und römischer Architektur kann noch heute an vielen Orten in Deutschland bestaunt werden. Es dauerte lange Jahrhunderte bis dieses Ingenieurs-Niveau von uns Germanen und anderen Kulturen erneut erreicht wurde, und dennoch gelang es. Ebenso wird dies bei der nachträglichen Korrektur der aktuell feststellbaren De-Zivilisierung auch gelingen können. Dazu bedarf es allerdings einer Renaissance/Wiedergeburt von Kulturmaßstäben bzw. Tugenden wie Bildung, Fleiß, Disziplin kombiniert mit Moral/Ethik, wie sie in früheren Jahrhunderten als Bausteine für eine bessere Zukunft verstanden und an breite Bevölkerungskreise von Eltern und Schulen vermittelt wurden.
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